Übe-Plan für Schlagzeug
Zuerst einmal gilt es, klare Unterscheidungen zu treffen darüber, was du üben möchtest und üben musst, um nach vorne zu kommen. Wer hier klug und diszipliniert vorgeht, kann eine Menge Zeit sparen, schon deshalb, weil das Üben nicht ‚leer läuft’ und du meistens auch gleich mehrere Dinge auf ein Mal übst.
Für mich hat sich in all den Jahren in etwa folgende Unterteilung als praktisch erwiesen:
1. Grooves/Beats/Fills.
Hier gehört alles rein, was für gewöhnlich in der Musik gespielt wird. Also alle Arten von Beats, wie sie im Rock, Jazz und in der Popmusik getrommelt werden. Hier macht es Sinn, sich für eine Weile auf einen oder zwei Stile zu verlegen.
Für dich heißt das zunächst mal: Alles gruppieren, was zu den Beats gehört in den handschriftlichen Aufzeichnungen von mir. Hierzu gehören auch die Grooves, die in den „Volume-Heften“ zu finden sind. Die haben gleich den Vorteil, dass du Fill-ins mitübst.
2. Technik
Du stellst alle Snaretechniken (Rudiments) zusammen, die wir bisher gelernt haben und ordnest auch die künftigen dazu ein. Dazu gehören Single Stroke Rolls, Paradiddles und anderes in der Art, z. B. Fill-in oder Solotechniken. Diese Übungen haben meist den Charakter von Etüden oder Lehrstücken, die nicht selbst in der Musik auftauchen, sondern meist nur Mittel zum Zweck sind. (Tonleitern am Klavier z. B. sind auch Etüden – wehe, du fängst im Konzertsaal an, sie als Musik ‚verkaufen’ zu wollen. Die Reaktion des Publikums wird nicht lange auf sich warten lassen …)
3. Musikbeispiele
Eigentlich das Wichtigste. Stelle dir wie besprochen Songs zusammen, die du magst. Und wir besprechen dann im Unterricht nach und nach alle Details, die für dich als Drummerin wichtig sind.
4. Lehrwerke
Leider etwas aus der Mode gekommen ist es, die relevanten Lehrwerke zum Schlagzeugspiel durchzuarbeiten. Die haben ein wenig den Charakter des ‚Großen Latinums’ für Schlagzeuger. Soll heißen: Einmal gründlich durchgearbeitet, bist du für alle Herausforderungen an der musikalischen Front gewappnet, was auch immer da zukommen möge auf dich.
– Gary Chester: The new breed (Vol 1) Aus meiner Sicht das beste Lehrwerk überhaupt, wenn es darum geht, zeitgleich drei, vier Herausforderungen anzunehmen.
– George Lawrence Stone: Stick Control (Rudimentalübungen für Snaredrum).
– Jim Chapin: Coordinated Independence for the modern drummer (Jazz, Swing, etc.)
– John Pickering: Drummer’s Cookbook (Jazz)
– Dirk Brandt: A thousend Faces of Drum Styles (Grooves ohne Ende. Eine der besten neueren Sammlungen von Beats aus allen Stilen. Ich verwende das Buch viel im Unterricht. Viele Hintergrundinfos).
– Harry Reischmann: Double Bass für den Band Drummer. (Systematisches Durcharbeiten aller wesentlichen Bewegungen für das Spiel mit zwei Basspedalen. Eine sehr gute systematische Schule für alle Schuhgrößen).
– Buddy Richs Schlagzeugschule: Snaredrum-Rudiments (Gut aufgebautes Buch von dem Pädagogen Henry Adler. Es bietet einen schnellen Überblick über die gängigsten Snaretechniken, die zudem von mir im Unterricht eine Übertragung aufs ganze Set erfahren.).
So, das sind einige der wichtigsten Bücher zum Thema. Es gibt darüber hinaus noch eine unüberschaubare Zahl von weiteren Publikationen, und es werden täglich mehr. Eine gute Adresse zum Stöbern ist: www.percussion-brandt.de
Nach der Sichtung des Materials, ist es wichtig, dir über dein wöchentliches Zeitbudget klar zu werden.
Leitfrage: Wieviel Zeit hast du zum Üben pro Tag? – Eine Stunde? Mehr? Weniger?
Die realistische Antwort auf diese Frage weist dir den Weg. Es macht z. B. keinen Sinn, sich ein ‚Mords-Übeprogramm’ hinzulegen, wenn du nur 30 Minuten Zeit hast.
Andererseits wäre es Wahnsinn, dreieinhalb Stunden ‚unstrukturiert’ verlaufen zu lassen, die man pro Tag zum Trommeln hat (oder hätte).
Also, Antwort?
Wenn diese Frage beantwortet ist, muss du dir überlegen, was dir wichtig ist, was du können willst und was dich interessiert. Überlege dir, welche Musik (welche Stile) du spielen möchtest. Z. B. Rock, Jazz, Funk, Soul, Latin?
Antwort?
Hiernach entscheiden wir, welche Techniken und Lehrwerke Sinn machen. Ich habe oben ja vier Felder vorgestellt: Beats – Technik – Musik – Lehrwerke. Wenn du z. B. künftig 90 Minuten pro Tag investieren willst, könnte eine Verteilung so aussehen:
30 Minuten Beats üben pro Tag (und NICHTS anderes in diesen 30 Minuten)
30 Minuten zu den je aktuellen Musikstücken spielen (und wiederum: nicht ablenken lassen):
30 Minuten Übungen aus einem der Lehrwerke, die dich in deinem Feld nach vorne bringen.
Denkbar sind auch 15 Minuten aus zwei Lehrwerken.
Wichtig ist nur, dass du – wenn du dich entschieden hast – das Ding auch durchziehst. Idealerweise 6 Tage die Woche, Montag bis Samstag.
Sonntags möge es der Herr dir angedeihen lassen, künftig immer besser zu werden … –;))
Wenn du pro Tag nicht soviel Zeit investieren kannst oder willst, ist es auch denkbar, im Blick auf die Woche Unterteilungen vorzunehmen, etwa so:
Bei z. B. 50 Minuten pro Tag
Montags: 25 Minuten Musik, 25 Technik
Dienstags: 25 Minuten Musik, 25 Beats
Mittwochs: 25 Minuten Musik, 25 Lehrwerk
Donnerstags: 25 Minuten Musik, 25 Technik
Freitags: 25 Minuten Musik, 25 Beats
Samstags: 25 Minuten Musik, 25 Lehrwerk.
Du siehst also: Musik ist JEDEN Tag dran (sie ist am Ende das Wichtigste: Alle Virtuosität und jeder spielerische Glanz nützt nichts, wenn du nicht musikalisch spielst, die Time hältst und den Groove nach vorne bringen kannst.)
Die anderen drei Felder werden so immerhin noch zwei Mal wöchentlich in gleichen Abständen bearbeitet.
Klar, bei 50 Minuten pro Tag machst du nicht die Sprünge, die zwei Stunden bringen würden. Aber dennoch: Die meisten meiner Schülerinnen und Schüler machen diese 50 Minunten nicht. Und die meiste Zeit, die sie am Set sitzen, geht ungeplant vor sich, nach dem Zufalls- und Lustprinzip.
Apropos: Belohne dich ab und an mit „wildem Abhotten“ – zumal da oft Überraschungen warten und ein freies, offenes Spiel fördern. Wenn möglich, mach’ das am Ende deiner Übe-Sessions, lass dich aber auf keinen Fall von deinem Plan abbringen.
Mehr kann ich an dieser Stelle nicht für dich tun. Die Grundsatzfragen kannst nur du selbst beantworten. Außerdem kann/soll/darf der Übeplan immer weiter verfeinert werden. Da muss jeder selbst gucken, wie er oder sie das am besten anstellt.
Also, viel Erfolg!